
Whats up?
Zeit ist Geld, Information ist Geld. Aufmerksamkeit - unsere Aufmerksamkeit - ist zu einer wertvollen Ressource geworden. Alle konkurrieren um unsere begrenzte Konzentrationsfähigkeit. Unternehmen, Parteien, digitale Plattformen, Freunde, Bekannte (und solche die es werden wollen). Im Web, auf Social-Media-Kanälen, auf Youtube, WhatsApp, Slack... Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Unsere Konzentration bleibt auf der Strecke - und nicht nur die. Mit der Zeit auch unsere Fähigkeit zur individuellen Willenssteuerung.
Aufmerksamkeitsökonomie
Die ersten, die es bemerkt haben waren Wissenschaftler in den 1990er Jahren. Das Internet "klopfte" schon mal an und es wurde deutlich, dass Aufmerksamkeit in der beginnenden Informationsgesellschaft zum knappen Gut werden könnte. Zunächst ging es vor allem um physische Ressourcen: Wie viel Zeit wird wofür eingesetzt und was kostet das? Inzwischen - einige Jahre sind vergangen - wird das Thema wissenschaftlich und ökonomisch stärker aus neurophysiologischer Perspektive betrachtet. Die Frage ist: Wie kommt man an unser Gehirn? Oder besser: Wie kommt man in unser Gehirn. Wie lässt sich mit digitalen Mitteln Denken und Urteilen beeinflussen. Nein, nicht durch Musksche Chips im Gehirn - von außen! Wie "gewinnt" man die Aufmerksamkeit von Zuschauern, Nutzern, Mitgliedern? Die Mittel sind erforscht- ihre Anwendung ist professionalisiert. Digitale Plattformen leben von Geschäftsmodellen, die unsere Aufmerksamkeit so lange wie möglich binden müssen. Und was der Profi kann, will der Laie auch können: Jeder, der will, kann Anleitungen dazu im Youtube-Video ansehen und anschliessend auf dem eigenen Instagramm-Kanal testen. Es funktioniert!
Psychologische Mechanismen und digitale Ablenkung
Was passiert im digital gesteuerten Gehirn? Worauf zielt die Aufmerksamkeitsökonomie?
Zu den wirkungsvollsten Mechanismen gehören:
Dopamin-Freisetzung: Jede Benachrichtigung, jedes "Like" und jeder neue Kommentar aktiviert unser Belohnungssystem im Gehirn und erzeugt einen kleinen Dopamin-Kick, der süchtig machen kann.
Fear of Missing Out (FOMO): Die Angst, etwas Wichtiges zu verpassen, hält uns ständig in digitalen Umgebungen gefangen.
Personalisierte Algorithmen: Plattformen wie YouTube, Facebook und TikTok analysieren das User-Verhalten und liefern maßgeschneiderte Inhalte, die unsere Interessen maximal ansprechen und uns weiter auf der Plattform halten.
Endlos-Scrollen: Statt klar definierter Endpunkte gibt es unendliche Feeds, die unser Gehirn immer weiter anregen.
Das Resultat: Immer mehr Zeit in digitalen Welten - immer weniger Kontrolle über die eigene Entscheidung
Die Folgen der Aufmerksamkeitsökonomie
Die ständige Fragmentierung unserer Aufmerksamkeit hat erhebliche Auswirkungen auf unser Leben:
Konzentrationsverlust: Studien zeigen, dass die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne durch digitale Reize abnimmt. Menschen haben zunehmend Schwierigkeiten, sich über längere Zeiträume hinweg auf eine einzige Aufgabe zu fokussieren.
Produktivitätsverlust: Arbeitnehmer und Studierende sind oft weniger effizient, da ständige Unterbrechungen durch Benachrichtigungen die kognitive Leistung beeinträchtigen.
Mentale Gesundheit: Die ununterbrochene Nutzung sozialer Medien ist mit erhöhten Raten von Angstzuständen, Stress und Depressionen verbunden.
Manipulation durch Fake News: Wer Kontrolle über die Aufmerksamkeit hat, kann Meinungen beeinflussen. Desinformationskampagnen nutzen dies gezielt aus.
Wie gewinnt man sein Recht auf die eigene Aufmerksamkeit zurück?
Vorab gesagt: Es ist nicht so einfach, denn digitale Aufmerksamkeitsökonomie zielt auf zentrale neurophysiologische Impulse und Instinkte. Es bedarf klarer Entscheidungen und möglicherweise auch zunächst schmerzhafter Disziplin.
Wirkungsvolle Strategien sind:
Bewusstes Zeitmanagement: Setzen Sie sich feste Zeiten für den Konsum digitaler Inhalte und reduzieren Sie "automatisches Scrollen".
Benachrichtigungen deaktivieren: Schalten Sie alle Push-Benachrichtigungen aus, um Ablenkungen zu minimieren.
Digitale Detox-Phasen: Planen Sie regelmäßige Zeiten ein, in denen Sie bewusst auf digitale Medien verzichten.
Nutzung von Konzentrationstechniken: Methoden wie die Pomodoro-Technik oder Deep-Work-Phasen helfen, Fokus und Produktivität zu steigern.
Achtsamkeit und Meditation: Achtsamkeitstrainings können helfen, den Geist zu beruhigen und die Kontrolle über die eigene Aufmerksamkeit zurückzugewinnen.
Und jetzt?
Die Zeit wird knapp! Das ist nicht dramatisiert. Die Wirkungen und Auswirkungen der Aufmerksamkeitsökonomie sind sicht- und spürbar. Gesellschaftlich und geistig. Ihr Gehirn ist schon auf dem Weg. Es gilt zu entscheiden, ob Sie entscheiden wollen. Wie wollen Sie Ihre Zeit und Energie investieren? Aufmerksamkeit bewusst zu steuern heisst, sich selbst zu steuern-, heisst Produktivität, mentale Klarheit und Lebensqualität zurück zu bekommen.
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